Wie sich digitale Tätigkeiten eines Betriebes auf dessen Umweltbelastung auswirken
Spätestens seit der Covid-19 Pandemie sind Video-Konferenzen aus dem Büroalltag nicht mehr wegzudenken. Wir sind zwar immer noch unsicher, ob das Gegenüber uns hören kann und ob die Kamera auch wirklich läuft, aber eines ist gewiss: der Stromverbrauch ist mit diesen ganzen Video-Calls bestimmt angestiegen. Oder? Wir haben nachgerechnet.

Wenn wir Betriebsbilanzen berechnen – also die Umweltbelastung von betrieblichen Tätigkeiten ermitteln – werden wir immer wieder gefragt, was denn mit den Emissionen der Computer, der Cloud und der ganzen Video-Konferenzen sei. Oft wird angenommen, dass sich der dadurch verursachte Stromverbrauch besonders signifikant in der Betriebsbilanz abzeichnen wird. Meist ist diese Sorge jedoch grundlos, da der Stromverbrauch von Computern und Clouds im Vergleich zu z.B. dem Heizen, dem Pendeln und dem Einkauf von Material fast schon vernachlässigbar klein ist. Zur Veranschaulichung folgt ein Vergleich mit einem Elektro-Auto.
Vergleich 1: Laptop vs. Elektro-Auto
Ein durchschnittliches Elektro-Auto verfügt über einen Akku mit einer Kapazität von ca. 70 – 100 kWh. Im Vergleich dazu verfügt ein Laptop über einen Akku von maximal 0.1 kWh. Einmal Vollladen des Elektro-Autos entspricht also rund 1’000 Laptop-Ladungen. Weiter braucht das Elektro-Auto für eine Reichweite von 1 km im Durchschnitt 0.15 kWh Energie. Das bedeutet im Umkehrschluss, dass ein Laptop-Akku mit seinen 0.1 kWh nicht mal für einen ganzen Kilometer Fahren reichen würde.
Vergleich 2: Video-Konferenz vs. Elektro-Auto
Während einer einstündigen Video-Konferenz verbraucht ein Laptop durchschnittlich 20 Wh (1Wh = 0.001 kWh). Weiter benötigt die Internetverbindung nochmals ca. 20 Wh1. Der Stromverbrauch einer zweistündigen Video-Konferenz liegt also bei etwa 80 Wh. Selbst wenn wir grosszügig auf 100 Wh, beziehungsweise 0.1 kWh aufrunden, könnten wir mit dieser Energiemenge mit einem Elektro-Auto nur ungefähr 700 m weit fahren. Dabei sind Elektro-Autos noch sehr effizient. Verbrennungsmotoren haben einen viel kleineren Wirkungsgrad. Umgerechnet würde man mit der Energiemenge aus 0.1 kWh mit einem Benziner noch rund 300 m weit fahren können.
Vergleich 3: Cloud-Nutzung vs. Elektro-Auto
Wie sieht es mit der Nutzung von Cloud- und Streaming-Dienstleistungen aus? Wenn wir davon ausgehen, dass während eines gesamten Arbeitstages – also für rund 8 Stunden – über einen Laptop (20 W) und mit einem grossen Zusatzbildschirm (30 W) Musik online gestreamt wird (60 W), dann ergibt sich folgende Berechnung: 8 h x (20 W + 30 W + 60 W) = 880 Wh = 0.88 kWh. Der Energieverbrauch beläuft sich also auf 0.88 kWh. Das Elektroauto liesse sich damit rund 6 km weit fahren.
Die Nutzung von Cloud-Offices wie beispielsweise Google Office oder Microsoft 365 lassen sich in ihrem Energiebedarf mit obigem Beispiel vergleichen. Höher würde der Energiebedarf jedoch bei hochaufgelöstem Video-Streaming oder intensiver Nutzung von künstlicher Intelligenz (KI), z.B. für Bildgenerierung, ausfallen.
Fazit:
Bei den allermeisten Betrieben – Bitcoin-Schürfen, KI-Forschung und Video-Streaming einmal ausgeschlossen – macht der Energieaufwand der Computer-Infrastruktur und -Anwendungen einen verhältnismässig kleinen Anteil des ökologischen Fussabdrucks aus. Und dieser ist auch seit der Zunahme von Video-Konferenzen und Cloud-basierten Lösungen nicht übermässig angestiegen. Tatsächlich haben Online-Lösungen sogar einen positiven Einfluss auf die Gesamtbilanz, wenn damit Pendelkilometer oder gar Reisen vermieden werden können.
Bemerkung: In den obigen Beispielen vergleichen wir ausschliesslich den Energieverbrauch. Um die gesamte Umweltbelastung von Produkten abzuschätzen, müssten auch sämtliche Materialien sowie deren Herstellung und Entsorgung berücksichtigt werden. Gemäss unserer Erfahrung würde sich das Bild dabei aber eher nicht zugunsten des Elektro-Autos verschieben.
Autor*innen:
Gavin Roberts
Mischa Zschokke
1 Malmodin and Lundén, 2018 in „The Energy and Carbon Footprint of the Global ICT and E&M Sectors 2010–2015. Sustainability. doi:10.3390/su10093027
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